Eine Stadt wird rege

Die Molkerei in Rethem / Foto: Stadtarchiv

Die Molkerei in Rethem / Foto: Stadtarchiv

Die Auflösung des Königreichs Hannover im Jahr 1866 macht aus Rethem eine preußische Stadt. Nicht alle begrüßten das. Die weißgelbe Fahne des Königreichs Hannover wehte noch lange über einigen Bauernhöfen. Etliche Verwaltungsreformen, die mit dem ‚welfischen Schlendrian‘ aufräumten, wie ihn einst Heinrich Albert Oppermann für das benachbarte Hoya so kenntnisreich beschrieb, die hatten für die Stadt jedoch positive Folgen. Rethem geriet ‚in Wallung‘, verstärkt noch durch die Reichseinigung 1870/71 und das daraufhin einsetzende ‚Gründerfieber‘.

Die neugegründete Allertalbahn rollte ab 1905 durch Rethem, eine ‚Spar-, Darlehns- und Vorschußkasse‘ sorgte für die Finanzierung von Projekten aller Art, Genossenschaften bildeten sich, und ein Elektrizitätswerk machte Rethem zur zweiten Stadt (nach Walsrode), die in dieser Region elektrisch ‚illuminiert‘ werden konnte. Zugleich gestattete die neuartige Energie auch den Betrieb eines Sägewerkes, das seine Rohstoffe überreich in der nahen Umgebung fand. Heinrich Christoph Londy reformierte das Schulwesen, Bootsbauer siedelten sich an, ebenso Seilereien, Ofensetzer, eine Ziegelei oder Kürschner. Rethem verwandelte sich in eine geschäftige Kleinstadt, die vom Handwerk dominiert wurde, wo sich an der Langen Straße schon bald Laden an Laden reihte – während abends die ‚Kneipenmeile‘, die vom Bahnhof bis zur Allerbrücke reichte, für die nötige Unterhaltung sorgte.