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Das Mühlenfest rückt näher

Mühlenfest 2015 / Foto: Frank Beckmann

Mühlenfest 2015 / Foto: Frank Beckmann

Am Pfingstmontag, den 16. Mai 2016 findet im Rethemer Londy-Park das diesjährige Mühlenfest statt. Eröffnet wird es traditionell durch einen Gottesdienst um 10.30 Uhr.

In diesem Jahr steht die historische und frisch renovierte Rethemer Bockwindmühle im Mittelpunkt des Geschehens, ringsherum erstreckt sich der ‚Marktplatz der Genüsse‘. Bei den Mühlenführungen werden die Rethemer und ihre Gäste viel über die Historie und Geschichte der ältesten Bockwindmühle Niedersachsens´ erfahren können.

Das altbewährte Mühlenbrot, duftender Butterkuchen und Kaffee, sowie viele Gerichte aus der türkischen Küche verwöhnen dort die Geschmacksnerven – es kommen aber auch viele weitere Spezialitäten und Leckereien neu hinzu.

Nicht nur für das leibliche Wohl ist gesorgt, überall im Umkreis der Mühle gibt es Spiel und Spannung für Groß und Klein. Natürlich sorgt auch in diesem Jahr die Live-Musik wieder dafür, dass auch die Ohren nicht zu kurz kommen.

Neu in diesem Jahr ist ein Antikmarkt. Viele Raritäten aus längst vergangenen Zeiten locken zum Kauf oder zum Staunen. Ob Hausrat, Geschirr, Gartengeräte oder andere fast vergessene Dinge, wer Boden, Scheune oder Keller aufräumen möchte und Lust zum Verkaufen besitzt, kann gegen eine kleine Standgebühr gern daran teilnehmen. Über Interessenten würden wir uns sehr freuen.

Anmeldungen sind ab sofort unter Telefon 05165/291692 bei Familie Beckmann möglich. Jede Anmeldung, die ins Programm passt, wird garantiert berücksichtigt.

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Mühlenfest 2015 / Foto: Frank Beckmann

Mühlenfest 2015 / Fotos: Frank Beckmann

Mühlen – geheimnisvolle Orte

Auf dem flachen Land waren Mühlen immer auch von Sagen umgeben. Aus gutem Grund: Einerseits war das Mahlrecht ein geldwertes Privileg. Es machte jeden Müller zu einem der reichsten Männer ringsum, weil ihm ein unverzichtbares Monopol verliehen worden war.

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Das Mahlrecht bestimmte bspw., dass das Getreide einer Region nur zu dieser und zu keiner anderen Mühle gebracht werden durfte, es verbot den Aufbau von ‚Konkurrenzunternehmen‘, und es legte den Anteil an Mehl fest, denn der Müller für seine Dienstleistung abzweigen durfte.

Das Mahlwerk schwebt / Bild: Gudrun Fischer-Santelmann

Das Mahlwerk schwebt / Bild: Gudrun Fischer-Santelmann

Allerdings musste ein angehender Müller auch viel investieren, besonders in das Mahlwerk und in die schweren Mühlsteine, die von weither geliefert wurden. Das Mühlrecht war in der Neuzeit in etwa vergleichbar mit einer Biogaslizenz unserer Tage. Die herausgehobene Stellung des Müllers wiederum erzeugte allemal Neid in der Nachbarschaft.

Das Gerippe steht / Foto: Gudrun Fischer-Santelmann

Das Gerippe steht / Foto: Gudrun Fischer-Santelmann

Auch lagen die Mühlen meist seitab vom Dorfgeschehen, da die Drehung der Mühlsteine Lärm erzeugte. Deshalb kreiste die Geschichte aller Räuberbanden immer auch um Mühlen, die teils ausgeraubt wurden, teils auch als abgelegener Unterschlupf und als Versteck für die ‚Sore‘ gedient haben sollen.

Das fliegende Dach / Foto: Gudrun Fischer-Santelmann

Das fliegende Dach / Foto: Gudrun Fischer-Santelmann

Last not least war die Art der Bezahlung eine unerschöpfliche Quelle für Klatsch und Tratsch. Der Müller erhielt seinen Lohn in Naturalien. Ihm wurde ein Teil des Mehls zugesprochen – der sog. ‚Matten‘, was ungefähr einem Sechzehntel des Mehlertrags entsprach. Dort aber, wo fünf Säcke Korn zu einem Sack Mehl geschrumpft waren, wollten die Gerüchte über ‚Unterschleif‘ und Betrug einfach nicht verstummen.

Kurzum: Die unverzichtbare Aufgabe des Müllers war lange Zeit ein ebenso lukrativer wie auch verdächtiger Beruf.

Die Bockwindmühle aus der Luft / Foto: Forum Rethem e.V.

Die Bockwindmühle aus der Luft / Foto: Forum Rethem e.V.

Vorschau auf den neuen Ratskeller

Die Leader-Anträge sind gestellt, das Konzept ist verfasst. Anhand der Konzept-Skizzen können Interessierte hier schon mal sehen, wie Rethems zentrales Wahrzeichen, der ‚Alte Ratskeller‘, in neuem Glanz wiederauferstehen soll (zum Vergrößern auf die Grafiken klicken):

Erdgeschoss: Marktbereich, Restauration und Empfang / Bild: EGRA

Erdgeschoss: Marktbereich, Restauration und Empfang / Bild: EGRA

1. Stock: Zimmer fürs 'Fahrrad-Hotel' (es gibt vier weitere Zimmer im Dachgeschoss darüber) / Bild: EGRA

1. Stock: Zimmer fürs ‚Fahrrad-Hotel‘ (es gibt vier weitere Zimmer im Dachgeschoss darüber) / Bild: EGRA

Einen guten Rutsch – und haltet die Maß!

Unseren Freunden, Unterstützern und Mitgliedern wünscht das Forum Rethem ein frohes neues Jahr. Unser Verein ist im Jahr 2014 noch weiter gewachsen. Wir begrüßen alle neuen Mitstreiter und wünschen uns ein gutes Gelingen für 2015 – im Interesse unserer Stadt. Alles weitere können wir morgen auf dem Burghof erörtern, wo wir uns in der Silvesternacht hoffentlich bei Punsch, Feuerwerk und Party begegnen werden.

Allen Rethemern einen guten Rutsch!

Bilder vom Weihnachtsmarkt

Kalt war’s – also ideales Glühweinwetter. Der 15. Rethemer Weihnachtsmarkt war für Gäste und Aussteller ein großer Erfolg – und besser besucht als je zuvor. Hier ein paar Bilder:

Blick in den Burghof-Keller / Foto: Margret Dannemann-Jarchow

Blick in den Burghof-Keller / Foto: Margret Dannemann-Jarchow

Weihnachten ohne Musik - das geht gar nicht / Foto: Margret Dannemann-Jarchow

Weihnachten ohne Musik – das geht gar nicht / Foto: Margret Dannemann-Jarchow

Kälte draußen, da hilft Warmes von innen / Foto: Margret Dannemann-Jarchow

Kälte draußen, da hilft Warmes von innen / Foto: Margret Dannemann-Jarchow

Budenzauber / Foto: Margret Dannemann-Jarchow

Budenzauber / Foto: Margret Dannemann-Jarchow

Ratskeller: Die Jury tagt

Die Jury zum Ideenwettbewerb / Foto: Dieter Moll

Die Jury zum Ideenwettbewerb / Foto: Dieter Moll

Die Jury, die über den Wettbewerb zur künftigen Nutzung des alten Ratskellers entscheiden soll, hat sich zusammengefunden (v. links nach rechts: Anke Stünkel, Geschäftsfrau; Helga Meyer, Burghofverein (verdeckt); Elisabeth Müller, KSK: Heiner Gümmer, EGRA; Ralf Panning, VB; Ina Wulff-Irmler, Werbegemeinschaft; Dr. Almut Willenbockel, Heidekreis; Kai Börger, Vorbesitzer des Ratskellers; Janika Meyer, Erzieherin; Dieter Moll, EGRA (Fotograf) – entschuldigt fehlten: Frank Leverenz, Bürgermeister; Jürgen Niemeyer, Architekt; Cort-Brün Voige, Stadtdirektor).

Die ersten Ideen und Vorschläge sind bereits eingegangen – darunter:

– Gutbürgerliches Hotel
– Bed & Bike für Fahrradtouristen und Burghof-Tagungsteilnehmer / Alleinstellungsmerkmal „Pedd un Slaap“ (‚Tritt (in die Pedale) und schlafe‘).
– Gaststätte/Restaurant ähnlich wie die Kastanie in Martfeld (mit Salaten und mediterranen Gerichten).
– Indoorspielplatz mit Gastronomie. Spielplatz in Form einer Burg mit Rutschen, Bällebad, Fall- und Geheimtüren, kurzum: mit allem, was Kinder zum Toben, Erobern und Prinz-/Prinzessin-Sein brauchen.
– „Mal irgendwo was trinken“, ein Bodega-Konzept, verbunden mit einer Gelegenheit zum Tanzen, mit Billard und einem „Vitalklub“.
– Ausstellungshaus Bergbaugeschichte, Salzgewinnung.

Konkreter, also mit umfangreichem Konzept, trafen die folgenden Vorschläge ein:

– Großraum-Sportstudio mit Wellnessbereich (obere Zimmer für Solarium, Massage, Sauna, Whirlpool); angekoppelt ein Bistro/Café mit kleiner warmer Küche.
– Tanz- und Unterhaltungsstätte mit kleinen Pub’s, gleichzeitig als Saalbetrieb nutzbar, mit Platz für Poolbillard, einer Sitzecke zum Klönen und einem Bistro.

Mündlich gab es noch die folgenden Vorschläge:

– Altersheim
– Mehrgenerationenhaus

Bis Ende November können weitere Vorschläge im Umfang von maximal drei Seiten eingereicht werden. Die Jury wird dann am 3. Dezember 2014 nach den folgenden Kriterien entscheiden:

1. Bedarf aus und für Rethem, situationsgerechtes Konzept (Gewichtung: 50%)
2. Qualität der Ausarbeitung mit einem in sich schlüssigen Konzept (Gewichtung: 25%)
3. Berücksichtigung der baulichen Ist-Situation (Gewichtung: 15%)
4. Förderfähigkeit (Gewichtung: 10%)

Am 10. Dezember 2014 findet dann die Preisverleihung statt: Die drei Erstplatzierten erhalten einen Einkaufsgutschein, die folgenden zehn eine Rethemer Chronik.

Vorschläge bitte an:
moll.rethem@t-online.de

oder per Brief an:
Dieter Moll
Alte Dorfstraße 20
27336 Rethem
Tel.: 05165-291697

Strategien im demographischen Wandel

Alt-Rethem / Foto: Margret Dannemann-Jarchow

Alt-Rethem / Foto: Margret Dannemann-Jarchow

Heute lautet die große Frage nicht mehr, ob der ‚demographische Wandel‘ kommt, sondern nur noch, wie er sich auswirken wird. Das Schrumpfen der Bevölkerung durch Überalterung und Abwanderung wird auch Rethem zunehmend härter treffen, weil die kleine Stadt nun mal zu den ‚ländlichsten Regionen‘ zählt. So nennen Bevölkerungswissenschaftler jene Räume, die vor allem dörflich geprägt sind und fern von großstädtischen Zentren liegen. Eine besonders handlungsorientierte Studie etlicher Autoren zu den Problemen, vor denen Kreise und Kommunen heute stehen, hat das Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung vorgelegt. Sie umfasst 132 Seiten und kann hier als pdf-Datei heruntergeladen werden [Link].

Interessant ist es, dass in ihr verschiedene Strategien beschrieben werden, den unausweichlichen Schrumpfprozess politisch zu begleiten. Sie sollen hier kurz vorgestellt werden.

1. Die Vogel-Strauß-Strategie: Verwaltung und Bürger stecken den Kopf in den Sand und warten ab – nach dem guten alten Kölner Motto: ‚Et is noch immer jot jejange‘. Chancen bietet diese Strategie so gut wie keine, jedenfalls solange nicht massenhaft Babys und neue Arbeitsplätze plötzlich vom Himmel fallen. Allenfalls großstadtnahe und finanzstarke Gemeinden in einem ‚Speckgürtel‘ können sich eine solche Strategie leisten. Der einzige Vorteil bestünde darin, dass vorab keine finanziellen Mittel unnütz ausgegeben werden. Der Finanzierungsstau aber wüchse kontinuierlich. Am Ende eines solchen Weges stünde wohl die ‚Einheitsgemeinde‘, also die Aufgabe jeder kommunalen Selbstständigkeit dank des zunehmenden Drucks der Verhältnisse, aufgrund jahrelanger Untätigkeit.

2. Die Stegreif-Strategie: Man handelt nur dann reflexhaft, sobald Eingriffe unvermeidlich werden. Bürger, Politik und Verwaltung arbeiten sich dann an Symptomen und Folgen ab. Eine solche Strategie ist derzeit in Bad Fallingbostel live zu erleben, dort, wo ein plötzlicher Truppenabzug der Briten die Stadt vor unvorhergesehene Probleme stellte, weil man sich ‚auf ewig‘ mit den Soldaten eingerichtet hatte. Ein Szenario ohne Militär wurde dort nie auch nur präventiv diskutiert. Eine solche Strategie bietet für Kommunen hohe Risiken und kaum Chancen. Im Straßenverkehr nennt man dies ‚auf Sicht fahren‘. Wenn das Auto dann im Nebel vor die Mauer fuhr, folgen meist flehentliche Appelle an die nächsthöhere Verwaltungsebene, mit Fördermitteln einzugreifen. In Rethem dürfte sich ein solcher Wandel kaum so abrupt vollziehen, weil es hier keinen großen, nahezu monopolartigen Arbeitgeber gibt, zukunftsträchtig ist eine solche Strategie deshalb trotzdem nicht.

3. Die Sankt-Florians-Strategie: Eine Gemeinde mit einigen wenigen ‚Standortvorteilen‘ nutzt diese, um selbst Bevölkerung anderer Gemeinden anzuziehen – zum Beispiel mit der Existenz weiterführender Schulen, mit guter ärztlicher Versorgung, mit kulturellen Angeboten etc. Sie entginge damit dem demographischen Wandel gewissermaßen ‚auf Kosten anderer‘. Im südlichen Heidekreis ist ein solches Vorgehen wenig erfolgversprechend. Mit welchen Vorteilen gegenüber Nachbarstädten sollten Eystrup, Rethem oder Ahlden jeweils ausgerechnet für sich werben? Die unaufhaltsame ‚Konkurrenz um die Köpfe‘ findet heute im Wettbewerb mit großstädtischen Ballungsräumen statt. Eine solche Strategie könnte daher allenfalls funktionieren, wenn alle Landgemeinden gemeinsam und koordiniert in Konkurrenz zu den Großstädten um Menschen und Verdienstmöglichkeiten werben. Hierzu wäre aber auch ein Umdenken der Entscheidungsträger auf Landesebene nötig, die bisher mit ihren ‚Schlüsselzuweisungen‘ noch immer widersinnigerweise die Einwohner der Großstädte ‚veredeln‘, also das meiste Geld konsequent in die großen Städte lenken. Setzen wir aber einen solchen Strategiewechsel in der Landesplanung mal voraus, dann könnte dies eine erfolgversprechende Möglichkeit sein. Die Sehnsucht des Städters nach einem Leben auf dem Land ist unübersehbar vorhanden.

4. Die Cluster-Strategie, die auch ‚Miami-Strategie‘ genannt wird, weil diese amerikanische Stadt dank ihrer konsequenten Ausrichtung auf eine alternde Bevölkerung aus wohlhabenden Rentnern heute erfolgreich floriert. Gemeint ist also die zielgerichtete Förderung bestimmter Bevölkerungsgruppen – durchaus dann auf Kosten anderer. Dazu aber müsste in Rethem erst einmal ein Konsens entstehen, welche Art Stadt diese Gemeinde in Zukunft sein soll, wo also ihre ‚Marktlücke‘ liegt und wo sich ‚Kristallisationspunkte‘ bilden könnten: Eine Künstlerstadt wie Worpswede? Ein Technologiestandort im Allertal, also ein Silicon Valley im kleinen Maßstab? Eine Öko-Stadt der sauberen Energie? Oder vielleicht ein Anziehungspunkt für Migranten und Aussiedler, was wiederum die Geburtenrate beflügeln dürfte? Die Möglichkeiten wären zahlreich, nur müsste endlich mal Einigkeit – oder eine Vision –  hergestellt werden, bevor vorhandene Mittel bevorzugt einem ‚Markenkern‘ zufließen könnten.

5. Die Schrumpf-Strategie: Sie besagt, dass der Bevölkerungsrückgang sich nahezu unaufhaltsam fortsetzen wird, und dass man sich rechtzeitig darauf einstellen sollte. Die Infrastruktur würde dementsprechend frühzeitig an die Abwanderung angepasst. Zum Beispiel durch den Abriss – fürnehmer ausgedrückt: ‚Rückbau‘ – leerstehender Häuser. Durch das Verbot, weitere Bauflächen in Randlagen auszuweisen, um stattdessen Investitionen in den bestehenden Leerstand zu fördern. Vielleicht auch durch die Einflussnahme auf die Gesetzgebung, damit so in ‚Insellagen‘ dann wieder die gute alte Klärgrube statt des Anschlusses an ein kostenintensives Kanalnetz zu Ehren kommen könnte. Und generell durch die Anpassung aller Investitionen an den zukünftigen Schrumpfungsprozess, indem man den Fetisch des ‚Wachstums um jeden Preis‘ verabschiedet. Die Autoren der Studie schreiben:

„Finanzierungs- und Verteilungsprozesse sind derzeit noch zu stark darauf ausgerichtet, Wachstum zu belohnen – angesichts der absehbaren demographischen Entwicklung eine widersinnige Zielsetzung. Der kommunale Finanzausgleich staffelt Schlüssel- und Investitionszuweisungen nach ‚veredelter‘ Einwohnerzahl. Er sollte künftig positive Anreize für den gezielten Umbau setzen, damit die Kommunen insbesondere im peripheren ländlichen Raum zur Anpassung an den demographischen Wandel motiviert werden und die Lasten daraus tragen können.“

Gewitter über Rethem

Gewitterzelle / Bild: Public Domain, wikimedia, NOAA

Gewitterzelle / Bild: Public Domain, wikimedia, NOAA

Am Mittwoch, dem 9. Juli 2014, traf eine lokal eng begrenzte Gewitterzone den östlichen Teil Rethems außerordentlich heftig. Ausgangs der Hainholzer Straße beschädigten die mächtigen Böen des Sturm- und Starkregenereignisses nahezu die gesamte Allee, zwei große Bäume wurden dort wie Streichhölzer gefällt. Beim Landwirt Oestmann trägt ein Dach statt der Ziegel nur mehr Dachsparren. An anderen Stellen in Rethem blieb es hingegen weitgehend ruhig, einige Bürger sagen, sie hätten „von dem Sturm gar nichts gemerkt“.

Wichtig wäre es jetzt, auch den touristisch bedeutsamen Fahrradweg entlang der alten Bahnstrecke rasch zu räumen. Der ist zwischen Toschi-Werk und Hedern für Gäste der Stadt derzeit unpassierbar.

Der alte Bahnhof

Grundsätzlich ist die Situation paradox: Während in den Großstädten angehende Mieter für eine Zweizimmerwohnung Schlange stehen, während die Mieten explodieren und die Interessenten sich datentechnisch für jedes Wohnklo ‚bis aufs Hemd ausziehen‘ müssen, gibt es hierzulande genügend Gewerbe- und auch Wohnraum für alle denkbaren Zwecke – preiswert, finanzierbar und problemlos.

Nehmen wir als Beispiel Rethems alten Bahnhof, der 1905 erbaut wurde. Seit im Jahr 1994 die Bahnstrecke stillgelegt wurde, nutzten die Besitzer ihn noch eine Zeitlang für Wohnzwecke. Das denkmalgeschützte Gebäude wäre heute im Prinzip ‚für’n Appel und’n Ei‘ zu haben (näheres weiß die Gruppe ‚Leerstand‘ im Arbeitskreis Stadtbild: 05021-861 73 85). Dieser Bahnhof liegt an einer heutzutage ruhigen Seitenstraße und ließe sich – mit seinem hellen Wartesaal und den zahlreichen Schuppen und dem üppigen Wohnraum – für alle möglichen Zwecke nutzen: als Künstleratelier, als IT-Werkstatt, als Aufnahmestudio, als Logistikzentrale eines Internet-Versandhandels, als Gebäude für altersgerechtes Wohnen – und, und, und. Einige notwendige Sanierungsmaßnahmen mit Hilfe des örtlichen Handwerks, und das Gemäuer wäre wieder flott – und schön wäre es dazu.

Rethems Bahnhof im Jahr 2010 / Bild: Slg. Bill Bode / Chronik

Rethems Bahnhof im Jahr 2010 / Bild: Slg. Bill Bode / Chronik

Obwohl Rethem im Prinzip jede notwendige Infrastruktur bereithält – Ärzte, Kinderbetreuung, Apotheke, Einkauf, Schule usw. – dürften Interessenten mit einem aber nicht rechnen: Dass sie dreimal lang hinschlagen und im Foyer eines Cinemaxx stehen, dass die abendliche Disco gleich um die Ecke liegt, oder dass ein Edelitaliener sie mit hohen Preisen lockt. Ein gewisse ‚Land-Affinität‘ sollte schon gegeben sein, aus der massenhaften Lektüre der ‚Landlust‘ im urbanen Raum müssten bloß mal Taten folgen.

Dafür aber gäbe es dann eine schier endlose Landschaft mit Marschen, Geest und Moor, ausgedehnte Wälder, Floßfahrten auf der Aller, Jagdgesellschaften und immerzu deftige Gerichte mit Hirsch- oder Wildschweinbraten. Und nette Leute obendrein. Auch nicht schlecht, wie wir finden.

Rethem – Hochburg des Muckefuck

Die Gemeine Wegwarte / Foto: TeunSpaans, wikimedia, GNU-Lizenz

Die Gemeine Wegwarte / Foto: TeunSpaans, wikimedia, GNU-Lizenz

In Rethem gab es einst eine Zichorien-Fabrik. Man darf sich darunter jetzt kein Gebäude mit Riesenschornstein und weitläufigen Hallen vorstellen, eher einen kleinen Anbau mit Röstpfanne neben einem ganz normalen Haus. Hans-Heinz Schultze schrieb 1987 in der ‚Walsroder Zeitung‘ einen Artikel zu dieser vergessenen Episode der Rethemer ‚Industriegeschichte‘:

„Kaffee, heute in aller Munde, war für die meisten Rethemer vor dem Kriege ein Luxusgetränk. Man trank Gerstenkaffee oder ähnliches Gebräu. Im Kriege gab es sowieso keinen Kaffee. Sonntags gab es dann mal 1/8 Kaffee. Um dem Gerstenkaffee einen gewissen Geschmack und auch die nötige Farbe zu geben, wurde Zichorie hinzugefügt. Rethem hatte einen „Zichorienbrenner“, Fritz Westermann. Er wohnte in einem kleinen Häuschen auf der Bleiche und brannte nicht nur für die Rethemer einen Extrakt aus der Wurzel, sondern fuhr auch mit einem kleinen Hundewagen über die Dörfer zu den Bauern, um dort im Hause zu brennen. Er gab seinen Beruf schon Ende der zwanziger Jahre auf, sein Nachfolger Wilhelm Engelke (Spitzname Richthofen) brannte noch bis in die vierziger Jahre hinein.“

Die Zichorie oder Gemeine Wegwarte wuchs damals überall am Wegesrand, eine Abart ihrer bitteren Knolle kann man noch heute als Chicoree auf jedem besseren Wochenmarkt zur Zubereitung exquisiter Salate kaufen. In Deutschland wurde die Wegwarte im Jahr 2009 zur Blume des Jahres gewählt. Die geröstete Wurzel dieser Pflanze setzte man dem Kaffee-Ersatz zu, um die ‚Plörre‘ etwas originalgetreuer schmecken zu lassen.

Der aus Gerste, Malz und anderen Zutaten hergestellte Ersatzkaffee trug damals die Bezeichnung „Muckefuck“ (von ‚Mocca faux‘ = ‚falscher Kaffee‘), und er wurde unter Namen wie ‚Caba‘ oder ‚Kathreiner Malzkaffee‘ im ganzen Land vertrieben. Heute ist das Getränk wieder sehr en vogue, vor allem in Kreisen, wo man auf eine nachhaltige Ernährung achtet. Unter Namen wie ‚Landkaffee‘ oder ‚Naturkaffee‘ wird er für teures Geld vermarktet. Überdies soll die Zichorie eine erotische Zauberkraft besitzen, die alte Männer in pubertierende Jünglinge zurückverwandeln kann.

Eigentlich wäre es doch eine gute Idee, diese alte Tradition der Zichorienbrennerei wiederaufleben zu lassen. Zumal ein solches Geschäft perfekt zur Geschichte Rethems als niedersächsischer ‚Produktionsstätte des Muckefuck‘ passen würde.