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Ende der Samtgemeinden?

Der niedersächsische Landesrechnungshof kam bei seinem Urteil über Samtgemeinden Anfang des Jahres zu einem vernichtenden Urteil:

„Samtgemeinden sind teurer als Einheitsgemeinden und in Teilen weniger leistungsfähig. Das sagt der niedersächsische Landesrechnungshof.“

Es ist vor allem also das Kostenargument, das die Gegner dieser Verwaltungsstruktur aus den 70er Jahren ins Feld führen. Jede Mitgliedsgemeinde hat z.B. einen eigenen Rat und stellt einen eigenen Haushalt auf. Der Samtgemeindebürgermeister muss dann – je nach Zahl der Mitgliedsgemeinden – mehrfach einen Etat prüfen und verabschieden.

„Für jede kleine Mitgliedsgemeinde muss ein eigener Haushaltsplan vorgelegt werden. Da jede Mitgliedsgemeinde ihren eigenen Rat hat, muss dieser Plan dort eingebracht, beraten und verabschiedet werden. Für einen Samtgemeindebürgermeister, der sieben Mitgliedsgemeinden betreut, heißt das bisher: Sieben Etats müssen ausgearbeitet, in mehreren Sitzungen vorgestellt, erläutert und schließlich beschlossen werden. Allein die Vorbereitung dafür kostet Monate, der Samtgemeindebürgermeister hat dann kaum Zeit für andere Aufgaben.“
Kleine Fische, größere Fische / Foto: Moofushi Kandu, Maldives, wikimedia, CCL

Kleine Fische, größere Fische / Foto: Moofushi Kandu, Maldives, wikimedia, CCL

Die vorgeschlagene Alternative lautet ‚Einheitsgemeinde‘. An einem zentraleren Ort würden künftig alle Vorschläge geprüft und entschieden. Die Gemeinderäte würden entmachtet, aus den Gemeinden würden gewissermaßen ‚Ortsteile‘, so wie in den Städten die ‚Stadtteile‘.

Die Befürworter der bedrohten Samtgemeinden verweisen hingegen auf die ‚direktere Demokratie‘, auf die sachgerechteren Entscheidungen vor Ort, gewissermaßen bliebe die ‚Kirche im Dorf‘, und vor allem aber auf das höhere politische Engagement, das aus der Besetzung einer viel größeren Zahl von Gemeinderäten folge.

Dass aus der Kritik des Rechnungshofes jetzt ein Kahlschlag bei den Samtgemeinden folgt, ist daher nicht zu erwarten. Zu mächtig wären die Strukturen, mit denen sich eine Landesregierung anlegen müsste, zu massiv der Schwund bei Amtsträgern und Angestellten. Die Umwandlung zur ‚Einheitsgemeinde‘ betreiben bisher vor allem jene Regionen, deren Haushalt chronisch in Schieflage geraten ist. Hier lockt die Landesregierung mit einem ‚Haircut‘ bei den Schulden. Die neue Einheitsgemeinde ‚Hagen im Bremischen‘ wäre ein solches Beispiel, die heute immerhin 26 Ortsteile umfasst.

Vermutlich wird alles darauf hinauslaufen, dass die Entwicklungen der neuen Kommunalstruktur erst einmal kritisch beäugt werden. Sollte sie sich allerdings bewähren, dann könnten andere nachziehen.

Am Ende auch Rethem?

Dieter Moll an Cort-Brün Voige

Guten Morgen Cort-Brün,

wie ich Dir während Deines Anrufs heute morgen bereits telefonisch mitteilte, werde ich der Aufforderung, den Artikel von Dr. Klaus Jarchow von der Seite zu nehmen, nicht nachkommen. Er beschreibt schlicht stadtbekannte Sachverhalte.

Ich habe mir den Beitrag nochmals angesehen und weiß nicht, warum telefonisch solch ultimative Bedingungen gestellt werden – dass ‚bis um 12.00 Uhr der Artikel von der Homepage entfernt zu sein‘ habe.

Nenne uns doch einfach Ungenauigkeiten im Artikel, damit diese ggf. gestrichen, ergänzt oder verbessert werden können. Ein probater Weg wäre es auch, künftig die Kommentarfunktion der Software zu nutzen. Blogs im Internet arbeiten öffentlich, ‚dialogorientiert‘ und argumentativ.

Mit freundlichem Gruß
Dieter Moll

Bürger und Rathaus / Bild: Public Domain, wikimedia

Bürger und Rathaus / Bild: Public Domain, wikimedia

Kleine Stadt mit großem Umland

Rethem vom anderen Allerufer her betrachtet / Bild: Klaus Jarchow

Rethem vom anderen Allerufer her betrachtet / Bild: Klaus Jarchow

Die Stadt Rethem zählt im Kern gerade mal 1.700 Einwohner, mit den dörflich verfassten Ortsteilen Stöcken, Rethem-Moor und Wohlendorf sind es knapp 2.400. Da die Stadt Rethem heute Teil einer Samtgemeinde ist, hat dies strukturelle Probleme zur Folge, die es anderswo nicht in der Form gibt. Umliegende Mitgliedsgemeinden – wie Böhme, Häuslingen oder Frankenfeld – können das urbane Zentrum bei politischen Entscheidungen mit ihrem Stimmgewicht dominieren und ihre spezifischen Anliegen leichter durchsetzen.

Wo sich größere Städte um ihr angegliedertes Umland wenig Gedanken machen müssen, weil ihre schiere Bevölkerungszahl die Politik stets zu einer Berücksichtigung städtischer Interessen zwingt, müssen Politiker der Samtgemeinde Rethem naturgemäß vor allem die bevölkerungsstarken Umlandgemeinden für sich gewinnen, um ihre Wiederwahl zu sichern. Bei den Kommunalwahlen im Mai 2014 zeigte das Ergebnis deutlich diese Tendenz: Der bisherige Bürgermeister der Samtgemeinde, Cort-Brün Voige, gewann die Wahl nur denkbar knapp, vor allem dank der Umlandgemeinden. In der Stadt aber zeigte der Daumen der Bewohnerinnen und Bewohner nach unten.

Der alte und neue Bürgermeister hat gesagt, dass er diesen Fingerzeig verstanden habe und künftig das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger Rethems zurückgewinnen wolle. Wir sollten ihn beim Wort nehmen … vor allem aber auf Taten achten.

Nachtrag: Der Samtgemeindebürgermeister hat sich über diesen Text heute (10. Juli 2014) echauffiert. Er habe das ’so nicht gesagt‘. Das ist schon klar, hätte er es ’so‘ gesagt, stünde seine Aussage ja in Anführungszeichen. Bleibt also die Folgerung, dass der Sinn seiner Aussagen falsch wiedergegeben worden sei, dass er vielleicht ‚den Fingerzeig nicht verstanden habe‘, obwohl das Wahlergebnis diese Einschätzung der Stadt doch mehr als deutlich macht. Ferner, dass er vielleicht ‚das Vertrauen der Stadt auch gar nicht zurückgewinnen will‘. Das wollen wir doch nicht hoffen. Der Teufel aber ist nun mal ein Logiker … siehe zum Thema auch diesen Brief des Forumsvorsitzenden Dieter Moll an Cort-Brün Voige.

An den blanken Fakten hingegen, also an den strukturellen Besonderheiten unserer Samtgemeinde, lässt sich wohl kaum deuteln, wo sogar die wohlgesonnene ‚Walsroder Zeitung‘ von einem ‚Herzschlagfinale‘ sprach: „154 Stimmen Vorsprung für Cort-Brün Voige: Stimmen aus Häuslingen und Böhme entscheiden am Ende die Wahl.“ Den Kommentar der gleichen Zeitung zur Wahl überschrieb Silvia Herrmann am 27. Mai 2014 mit „Ein abgestrafter Sieger„, die Analyse der Wahl direkt daneben trug die Headline: „Nicht die Stadt Rethem gegen die Dörfer ausspielen / Botschaft ist bei Cort-Brün Voige angekommen„. Mit anderen Worten: Auch er kennt die beschriebenen Konfliktlinien …

Hier der Artikel als pdf-Datei zum Download (1,63 MB)

Die 'Walsroder Zeitung' zur Wahl

Die ‚Walsroder Zeitung‘ zur Wahl