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Verklogfideln

Ein Zitat aus einem älteren Text, den ich im Jahr 2006 für die ‚germanblogs‘ schrieb:

„Jeder Mensch trägt sie mit sich herum, seine «innere Landschaft», von der die Literaturkritiker geheimnisvoll raunen. Und jeder Schreiber sollte lernen, seine innere Landschaft sprachlich auch darzustellen, denn sie gibt ihm Unverwechselbarkeit und die berühmt-berüchtigte «Authentizität». Ich zum Beispiel, ich weiß, wie moderig das Watt in den trockengefallenen Flussmündungen hier im Norden riecht, wie leicht und warm ein Stück Torf sich anfühlt, wie wattiert das Schreien der Silbermöwen im Nebel klingt, wie der Küstenorkan den Kopf nach hinten reißt, ganz anders als solch ein schwächlicher Schwabenfurz, der dort unten in Norditalien Sturm genannt zu werden pflegt. Dies alles also und noch viel mehr, das könnt‘ ich schreiben, wenn ich Schreiber hier im Norden wär‘ …“

Woran aber zeigt sich dann diese ‚Authentizität‘, also die ‚Echtheit‘, wenn ich etwas schreibe? Nun vor allem am Gebrauch von Regionalismen, von Wörtern also, die zu dieser inneren Landschaft gehören. Weil das die Sprache ist, die wir hier im Norden unweigerlich durchs Hören erlernen. Dazu gehört beispielsweise auch das plattdeutsche Wörtchen ‚verklogfideln‘ aus unserer Überschrift, das mit der hochdeutschen Übersetzung ‚erklären‘ nicht eins zu eins deckungsgleich ist.

Wer jemandem etwas ‚verklogfidelt‘, der führt sich eben nicht auf wie ein Professor, der vom Katheder herab eine amtliche Weisheit verbreitet. Eher schon wird der Leser sachte am Arm genommen und beiseite geführt, wobei ihm eindringlich und freundschaftlich die wahren Verhältnisse offengelegt und ‚vorgegeigt‘ werden. Dieses Wörtchen ‚privatisiert‘ gewissermaßen, es transportiert eine andere Wahrheit als die öffentliche und anerkannte, es blickt ein wenig hinter die Dinge. Im Hochdeutschen gibt es für diesen Sachverhalt gar keine genaue Übersetzung.

Was wiederum meine alte These stützt: Die Kenntnis des Plattdeutschen bereichert und erweitert die deutsche Sprache, weil damit ein noch genaueres und präziseres Reden möglich wird. Und mit jedem niederdeutschen Wort, das wir vergessen, wird unsere innere Landschaft ärmer.

Elektrosmog über Rethem?

Bisher schien es Konsens, dass die Südlink-Trasse, die den energiereichen Norden mit dem energiehungrigen Süden des Landes verbinden soll, entlang bestehender Infrastruktur verlaufen soll. Konkret hieß das: In etwa entlang der Autobahn zwischen Verden und dem Walsroder Dreieck.

Immer häufiger werden jetzt aber ‚Alternativen‘ diskutiert. Insbesondere die Alternativtrasse 084 hätte erhebliche Auswirkungen auf unsere Samtgemeinde Rethem. Die Landschaft hier würde dann tatsächlich zu einer ‚Energieregion‘, aber anders als gedacht:

Grafik: Initiative ProDorf e.V.

Grafik: Initiative Pro Dorf e.V.

Der Korridor dieser blau gezeichneten Trasse würde Altenwahlingen auf zwei Seiten umzingeln, gleich rechts von Kirchwahlingen den alten Kirchturm zu einer ‚Petitesse‘ machen, um zwischen Galgenberg und Hedern die Aller zu queren, bevor die Trasse dann Rethem-Moor in Richtung Lichtenberg zerschneidet (s. Grafik). Die Region wäre damit wohl allenfalls noch für ‚Strommasten-Touristen‘ interessant; alle Entwicklungskonzepte, die auf Fremdenverkehr und Naturerlebnis setzen, wären damit Schnee von gestern.

Bisher halten viele solche Alternativen noch für bloße ‚Denkspiele‘, sie vertrauen auf die Vernunft der Planer bei Tennet. Da aber bei einem emotional besetzten Thema – wie dieser Trassenführung – die Masten allemal den Weg des geringsten Widerstandes wählen dürften, formiert sich jetzt auch hier vor Ort dieser Widerstand, vor allem organisiert von der Initiative Pro Dorf in Altenwahlingen. Wer mitmachen will, soll sich dort an Bernd Vahldiek wenden (05165-91067).

Auch der Rat der Stadt Rethem hat inzwischen eine Resolution verfasst, die sich Interessierte hier als pdf-Datei herunterladen können.